Donnerstag, 22. März 2018

 

Urbansketching

Der Bus kommt nicht

 

Gestern, passend zu kaltem Mistwetter, streikte hier bei uns in der Gegend der ÖPNV. In Düsseldorf, Monheim und Langenfeld hingen an den Bushaltestellen Hinweise drauf, in Solingen streikte auch leider der, der die Hinweiszettel aufhängen sollte. So konnte man den ganzen Tag Leute an Haltestellen herumstehen sehen, die vergeblich auf den Bus warteten: die alte Dame, die zum Einkaufen wollte, der junge Mann auf dem Weg zum Arzt, der kleine BHC- Fan mit den knallroten Ohren (wobei ich mich frage, wer dem erlaubt hat, ohne Jacke aus dem Haus zu gehen) oder die Oberstufenschülerin mit dem Anti- Vermummungsverbot- Schal. Irgendwann trollten sie sich dann, teils empört und teilsverschämt, weil sie als einzige den Streik vergessen hatten.

Sonntag, 18. März 2018

 

künstler # 05

 

Käthe Kollwitz


Da ist sie nun, die erste Künstlerin. Bei der Sammlung meiner Idole sind nicht viele Frauen dabei, was aber kein Wunder ist, denn dass Malerinnen oder Bildhauerinnen von ihrer Kunst leben können, ist erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts so. Was der Welt dadurch an Talenten und Impulsen entgangen ist, werden wir wohl nie erfahren. Virginia Woolf hat am Beispiel der Schwester Shakespeares wunderbar erzählt.



Käthe Kollwitz hat sich in ihrem Werk intensiv mit den Opfern von Gewalt, Unterdrückung und Armut beschäftigt. Vergewaltigungsopfer im Dreißigjährigen Krieg, ledige Mütter, mittellose Arbeiterinnen und immer wieder Frauen, die um ihre Kinder trauern, waren ihre Sujets. 
Nachdem sie ihren jüngeren Sohn im 1. Weltkrieg verlor, begann sie in ihrer Arbeit stark politisch zu werden. Die meisten Lithographien, die von ihr berühmt wurden, waren Plakate für linke Parteien. Der Grafiker Horst Jansen hat einmal behauptet, in dieser Zeit habe sie aufgehört, Künstlerin zu sein. Andererseits erfuhr sie in den Anfangsjahren der Weimarer Republik die größte Anerkennung ihres Lebens: sie wurde das erste weibliche Mitglied der Berliner Akademie der Künste, ihre Werke verkauften sich in der ganzen Welt. Sie erweiterte ihre künstlerische Ausdrucksmöglichkeit um die Bildhauerei, inspiriert durch die Freundschaft mit Ernst Barlach.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurden ihre Werke verboten. Es war ihr zwar gestattet, in ihrer Ateliergemeinschaft weiterzuarbeiten, aber sie durfte nichts mehr verkaufen. Ihr Enkel kam im Krieg ums Leben, ihr Mann starb an einer Lungenentzündung. Sie selbst erlebte das Ende des Krieges nicht mehr.
Frauen in ihren Werken sehen immer ein wenig aus wie sie selbst. Das macht ihre Zeichnungen und Lithographien für mich noch eindrucksvoller. Es wirkt, als könne sie jedes Leid, das sie darstellt, selbst nachempfinden.


Donnerstag, 8. März 2018

 

Winter im Rheinland

(Mit der Kamera durch's Jahr: 

Im Vordergrund)

 



Bei uns hier gibt es keinen vernünftigen Winter, das war schon immer so. Sollte es ausnahmsweise tatsächlich einmal schneien, wird im Handumdrehen Matsch daraus. Alle fünf Jahre oder so genießen wir vielleicht vier Tage am Stück Winterwunderland, dann bricht aber der Verkehr vollkommen zusammen und die Leute kaufen im Supermarkt die Regale leer, weil die Eiszeit naht. Deswegen stürzen die abgehärteteren Rheinländer beim Anblick der ersten Schneeflocken nach draußen und machen ganz schnell alles, was man im Schnee eben so macht. Carpe diem, das ist unser Motto!



Ich mag Bilder, auf denen die Schneeflocken wirbeln. Eine eigentlich nicht besonders interessante Ansicht verändert sich vollständig durch das bisschen Zuckerwatte, das da so im Vordergrund herumschwebt. Außerdem machen Leute im Schnee so schöne Sachen, die würden sie ohne nie tun.



Wenn es gerade erst schneit, hat man beim Fotografieren keine von den Scherereien, die bei zu viel Weiß entstehen. Ich verzichte darauf, den Fokus auf die Schneeflocken als Vordergrund zu legen. Mich interessiert die Veränderung, die durch dieses spezielle Wetter mit der Umgebung geschieht, also benutze ich eine kleine Blende, um so viel wie möglich zu sehen. Hell genug ist es ja!


Kamera: Canon AE 1
Objektiv: Canon 35 mm
Film: Ilford HP 5 plus
(Negative eingescannt und mit Photoshop bearbeitet)


Donnerstag, 1. März 2018

 

Urbansketching im Winter

 

Ich bin nun einmal ein Frostbeulchen. So weit unproblematisch, dafür gibt es heißen Tee, dicke Socken, kuschelige Decken und Männer, die gerne im Kaminfeuer stochern. Aber es ist ein schweres Handicap, wenn man gerne zum Skizzieren vor die Tür geht. Gerade hat es hier - 7° C, untermalt von einem richtig fiesen Wind. Ich gehe lediglich mit dem Hund vor die Tür, selbst zum Fotografieren ist es mir zu kalt. Was also tun?



Eine Möglichkeit ist die, einen besonderen Moment im Gedächtnis zu behalten und ihn zu Hause zu zeichnen. Das habe ich hier gemacht: diese entschlossene junge Frau habe ich morgens durch den Schnee stapfen sehen, weil der Bus nicht kam. Sie war vermummt wie ein Himalaya- Bergsteiger, ihr Karotuch flatterte im Wind. Ich fand ihre wütende Zielstrebigkeit imponierend.


Die andere Alternative sind Motive in Innenräumen. Ich mache das nicht so gerne, denn wenn man draußen schon eine Menge Zuschauer hat, dann werden die Leute drinnen noch neugieriger. Diesen jungen Mann habe ich im Centro in Oberhausen gesehen, als dort ein Pokémon-Go-Communitytreffen war. Ich habe ihn kurz skizziert und dann daheim richtig gezeichnet. Er saß da so allein und verloren in der Menge auf einem von diesen pseudowitzigen Piccachu- Sitzsäcken. Es ist deprimierend, wenn so viele Menschen direkt nebeneinander stehen und im Grunde dasselbe spielen, aber nicht einmal Blickkontakt zu ihrem Nachbarn aufnehmen.

Hoffentlich wird es bald wärmer, damit ich wieder richtig urban herumsketchen kann!